Am Mittwoch, 30. August 2023 feierten die Geschwister der Gemeinde Vellmar den letzten Gottesdienst in ihrem Kirchengebäude. Bischof Gerd Kisselbach diente mit dem Bibelwort aus Philipper 1,6: „Und ich bin darin guter Zuversicht, dass der in euch angefangen hat das gute Werk, der wird´s auch vollenden bis an den Tag Christi Jesu.“
Bischof Kisselbach begann sein Dienen damit, dass er sich seit einigen Wochen mit der Frage beschäftige, wie man einen letzten Gottesdienst in Vellmar angemessen gestalten könne. Der liebe Gott habe ihn erst vor eineinhalb Stunden auf das vorgelesene Bibelwort gelenkt, welches eine Richtschnur für diesen besonderen Gottesdienst war.
Lob und Dank
Gewiss seien alle mit einer gewissen Betroffenheit und einem Stück Traurigkeit in diesen Gottesdienst gekommen, denn wenn das nicht so wäre und man einfach die Tür zuschließen würde, dann hätte man in den vergangenen Jahrzehnten in Vellmar etwas falsch gemacht. Apostel Paulus schrieb aber nichts von Betroffenheit, obwohl er Grund dazu gehabt hätte, da er seine Zeilen aus größter Bedrängnis heraus im Gefängnis verfasste.
Paulus richtete sich an die Gemeinde Philippi und schrieb „Ich danke meinem Gott“. Der Bischof lud ein, man möge doch den Dank an den Anfang dieses Gottesdienstes stellen mit dem Blick auf all das, was der liebe Gott Gutes an einem getan habe. Ihm gebühre Lob und Dank. Man habe Gottesdienste mit großem Glück erlebt und dem Herrn Dank und Freude entgegengebracht. Auch in Momenten tiefster Bedrängnis habe man Halt und Orientierung gefunden und Gott erfahren. Lebensfragen seien an dieser Stätte unter dem Wirken des Heiligen Geistes beantwortet und Glaube sei gestärkt worden.
Was Gemeinde ausmacht - die Vielfalt der Gaben
Paulus sagte weiter „Ich danke meinem Gott, sooft ich euer gedenke“. Paulus blickte also nicht nur auf Gott, er blickte auch auf die Gemeinde. Bischof Kisselbach zählte auf, was alles die Gemeinde ausmache, also die Gemeinschaft der Gläubigen, in der jeder bereit sei, mit seinen Gaben zu dienen, die er empfangen habe. Man begegne sich in der schönen Gabe Heiligen Geistes. Brüder dienten mit ihrer Amtsgabe in dieser und in alter Zeit. Ein Amtsauftrag werde nicht angenommen, weil man dies besonders gut könne oder ansonsten Langeweile hätte, sondern man habe im Glauben mit dem Herrn gewirkt als ein Werkzeug in Gottes Hand.
Aus der Gemeinde heraus wurden Opfer gebracht und viele hatten Anteil daran, dass Gottes Werk gebaut und erhalten werden konnte. Auf all das könne man mit besonderer Dankbarkeit zurückschauen. Blumenschmuck und Gartenarbeit machen sich nicht von selbst und es wäre alles nicht so schön anzusehen, wenn alle nur zuschauen würden. Der Bischof erwähnte die schöne Arbeit im Chor und beim Musizieren. Auch beim Gemeindegesang habe man Anteil am Gottesdienst. Lob und Preis im Lied und Gesang habe eine jahrtausendalte Tradition, welche uns schon in den Psalmen begegne. Putzen der Kirche und Fegen des Gehwegs - es gäbe noch viele Aufgaben in der Gemeinde zu erwähnen, all das mache Gemeinde aus und werde gemacht, weil einem Kirche wichtig sei.
Man solle nicht meinen, alles wäre umsonst gewesen, denn es wurde aus Liebe getan, und als Teil in dieser Gemeinschaft habe man bis heute Glauben behalten können.
Die Entwicklung der Gemeinde
Bischof Kisselbach betonte, dass der letzte Gottesdienst nicht gefeiert werden würde, weil ein Einzelner oder eine Gruppe etwas oder vieles falsch gemacht hätten. Die Gemeinde sei auch nicht entstanden, weil ein Einzelner oder eine Gruppe alle Dinge richtig gemacht hätten, sondern die Gemeinde sei gewachsen in einer Zeit, als auch die Nachbargemeinden, die katholische Kirche, die evangelische Kirche neue Kirchen in der Stadt gebaut haben. Die Christen lebten damals in großen Familien und viele haben sich noch gerne engagiert. Heute erlebe man einen Rückgang, weil weniger Kinder geboren würden und weil viele Menschen sich nicht mehr verpflichten wollen, regelmäßig Aufgaben zu übernehmen.
Unsere Zielsetzung und Zuversicht
Den Geschwistern der Gemeinde Vellmar wünschte der Bischof, dass sie schon begonnen haben, sich in den neuen Gemeinden, die sie seit Mai 2023 zu den Wochentags-Gottesdiensten besuchen, ein bisschen zu Hause zu fühlen. Aber man ginge nicht zum Gottesdienst, um einen schönen Platz in irgendeiner Kirche zu haben. Unsere Zielsetzung gehe weiter, denn an dem Ziel Jesus Christus und seiner baldigen Wiederkunft verändere sich nichts. Es sei nicht die Frage, ob man drei oder fünf Kilometer zum Gottesdienst fahre, ob die Kirche klein oder groß sei, ob man vorne oder weiter hinten sitzen würde, wenngleich der Bischof versicherte, er schaue auch, dass er sich wohlfühle.
In Anlehnung an das Bibelwort sprach Bischof Kisselbach die gute Zuversicht mit Blick auf Jesus Christus an, der den Anfang gemacht habe, als er aus der Liebe Gottes Mensch geworden sei, in der frohen Botschaft des Evangeliums, in seinem Opfer, in seiner Auferstehung und in der Sendung der Apostel und des Heiligen Geistes. Es sei ein Grund wahrer Zuversicht, dass Jesus in den Sakramenten der Heiligen Wassertaufe und Heiligen Versiegelung in uns einen schönen Anfang gemacht habe. Dieser Anfang sei nicht aus Stein oder Pappe gebaut, sondern aus der Liebe Gottes und auf ewigem Grund von Jesus Christus als der Quelle unserer Zuversicht. Es möge in unserem Herzen so sein, dass uns nichts trenne von der Liebe Gottes, auch nicht eine Gemeindeschließung oder ein Umzug in eine andere Gemeinde.
Chronik
Nach dem Gesang des Chores „Herr, weil mich festhält deine starke Hand, vertrau ich still“ verlas der Vorsteher, Evangelist Marco Lüttich, die Chronik der Gemeinde Vellmar, aus der hervorging, dass bereits im Jahr 1934 erste Gottesdienste in Vellmar stattgefunden haben. Geschwister stellten hierfür private Versammlungsstätten zur Verfügung. Am 1. Juli 1956 wurde aus dem Stützpunkt Vellmar eine selbstständige Gemeinde. Das jetzige Kirchengebäude „In der Aue 21“ wurde am 1. September 1965 durch Bischof Seibert mit dem Bibelwort aus Matthäus 12,30 geweiht: „Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.“
Bezirksältester Karlheinz Hofmann führte während seiner Amtszeit die segensreichen monatlichen Lehrstunden für Amtsträger im Bezirk Kassel in der Kirche Vellmar durch. Im Jahr 1984 wurde wegen reichen Kindersegens noch ein Anbau an das Kirchengebäude erstellt.
Evangelist Lüttich sprach ein herzliches Dankeschön an alle Geschwister im Diesseits und im Jenseits aus für jedes gesprochene Gebet, jede liebe Zuwendung dem Nächsten gegenüber, jedes erbrachte Opfer, jede Umarmung und alles Wirken und Schaffen in der Gemeinde Vellmar. Es sei nichts umsonst gewesen und habe einen bleibenden Platz in Gottes Werk.
Höhepunkt des Gottesdienstes
In der Vorbereitung zum Heiligen Abendmahl erteilte der Bischof den Rat, wie bei einem Umzug in ein anderes Zuhause, die vielen kostbaren Dinge in die neuen Gemeinden mitzunehmen, aber Enttäuschungen, Missverständnisse und Ärgernisse hinter sich zu lassen und stattdessen Gnade und Frieden mitzunehmen. Gott begegne uns auch wieder mit seiner Gnade und seinem Frieden.
Profanierung des Kirchengebäudes
Nach dem Schlussgebet profanierte Bischof Kisselbach das Gebäude mit den Worten: „In dem Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes entwidme ich diese Stätte. Sie ist von nun an keine Wirkungsstätte des Heiligen Geistes mehr. Der Friede Gottes begleite die Gemeinde auf ihrem weiteren Weg. Amen.“
Gemeinschaftspflege
Im Anschluss an den Gottesdienst wurde noch Gemeinschaft bei einem Umtrunk gepflegt, um auch auf diese Weise auf die vielen segensreichen Stunden an diesem besonderen Ort in Dankbarkeit zurückzublicken.
Ausblick
Die Geschwister der Gemeinde Vellmar werden in den Nachbargemeinden Kassel-Harleshausen, Kassel-Nordost und Calden ein neues Zuhause finden.
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